FAQ

Was bedeutet das „Neutralitätsgebot“?

Das „Neutralitätsgebot“ sorgt an vielen Stellen für Unsicherheit. Nicht wenige Leute glauben, dass man als Lehr- und Führungskraft in Universitäten, Schulen oder anderen öffentlichen Institutionen historischer Bildung keine politische Meinung äußern und nicht politisch aktiv werden dürfe. Auch die Ansicht, dass für Beamtinnen und Beamte andere Regeln gelten als für Angestellte, ist weit verbreitet. All dies ist nicht der Fall: Beamt*innen und Angestellte sind alle gleichermaßen dem Grundgesetz verpflichtet und müssen demnach Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen die freiheitlichen und demokratischen Grund- und Menschenrechte vermitteln. Sie sind verpflichtet, eine klare Haltung gegen menschenverachtende Äußerungen jeglicher Art sowie gegen Gewaltverherrlichung einzunehmen. Es ist ihre Aufgabe, Schüler*innen sowie Bürger*innen zu lehren und stetig daran zu erinnern: Es stellt einen hohen Wert dar, sich aktiv für die Würde des Menschen (und zwar aller Menschen unabhängig von Herkunft, Religion, sexueller Orientierung etc.) und eine demokratische Gesellschaft einzusetzen.

Die Kultusministerkonferenz hält unmissverständlich fest: „Für die Auseinandersetzung mit historisch-politischen Fragen im oder außerhalb des Unterrichts, in Vorlesungen oder Seminaren gelten Grundsätze, die sich an unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung orientieren – wie die Rechtsstaatlichkeit, das Demokratieprinzip oder die Menschenwürde im Bewusstsein unserer historischen Verantwortung. Die notwendige Überparteilichkeit staatlichen Handelns ist hierbei nicht mit Wertneutralität zu verwechseln. Positionen oder Stellungnahmen, die diesen Werten widersprechen oder diese angreifen, können nicht neutral und erst recht nicht widerspruchslos stehengelassen werden.

Der „Beutelsbacher Konsens von 1977 formuliert drei zentrale didaktische Prinzipien politischer Bildung:

  1. Das Überwältigungs- bzw. Indoktrinationsverbot.  Lehrkräfte dürfen ihre eigene politische Meinung zwar äußern, müssen diese aber als solche klar kenntlich machen. Dabei dürfen sie ihre politische Meinung nicht als allgemeingültig darstellen.
  2. Das Kontroversitätsgebot. Kontroverse Themen sollen multiperspektivisch diskutiert werden.
  3. Befähigung zur politischen Teilhabe. Lehrende müssen mit ihrem Handeln das Ziel verfolgen, Schüler*innen zur politischen Teilhabe zu befähigen.

Auch hier geht es nicht um Neutralität: Aus dem Überwältigungsverbot oder der kontroversen Diskussion von Unterrichtsinhalten folgt nicht, dass die Lehrkraft keine eigenen Positionen haben und offenlegen darf.

Weiterführende Links:

Bundeszentrale für politische Bildung, Dossier Bildung: „Mythos Neutralität in Schule und Unterricht“

Friedrich Ebert Stiftung, Joachim Wieland: „Was man sagen darf: Mythos
Neutralität in Schule und Unterricht“
(zur Klärung der Rechtslage mit Fallbeispielen)

GEW, Aktuelles: „Debatte um ‚Neutralität‘ im Klassenzimmer“

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